Jugendhilfe & Schulen

Schulsozialarbeit: Selbstbestimmt leben und lernen in der Natur – 3 Tage raus aus dem Alltag

Vom 23.-25.8.2023 besuchten 15 Kinder und Jugendliche zwischen 12-17 Jahren auf dem Kanugelände des LSV SW in Leipzig, zwischen Auwald, Elster und Cospudener See gelegen, ein Naturcamp. Die Kinder und Jugendlichen hatten sich dieses Projekt unter insgesamt 25 Projektangeboten selbst ausgesucht und waren entsprechend motiviert daran teilzunehmen.

Der erste Tag begann mit einer Wanderung von Leipzig-Grünau zum Kanugelände. Die mit Rucksäcken bepackten Kinder und Jugendlichen wurden von 2 Pädagog*innen begleitet. Auf der zweistündigen Wanderung zum Gelände wurden u. a. Äpfel und Mirabellen für das Camp geerntet und sich beim Gang durch die Natur auf das Leben im Camp eingestimmt.

Im Camp angekommen hatten die Teilnehmer*innen Zeit, sich umzusehen und in Ruhe anzukommen. Das Gelände bietet eine entspannende Wirkung – mit Weite, Natur und einladenden Plätzen zum Verweilen an der Uferböschung der Weißen Elster. Im Anschluss konnten sich die Teilnehmenden in Kennenlernübungen und Warm-Ups auf die gemeinsame Gruppenzeit einstimmen. Nach einem gemeinsam zubereiteten Picknick wurde gemeinschaftlich das Camp aufgebaut – zunächst die Gruppenzelte in Kleingruppen und anschließend gemeinsam die Jurte. Dies war der Gemeinschaftsraum. Die Zelte wurden von den Teilnehmenden selbstständig eingerichtet und bezogen.

Den Teilnehmenden wurde nun der Tagesablauf im Camp vorgestellt, es wurden Teams für die Mahlzeiten gebildet und erste Workshopwünsche geäußert. Gemeinsame Regeln zum Miteinander, Handygebrauch, zum Essen und Abwasch, zur Nachtruhe wurden von den Teilnehmenden gemeinsam ausgehandelt und im Verlauf des Camps eigenständig nachgebessert. Von Pädagog*innenseite waren nur wenige Regeln, v. a. die Sicherheit betreffend, vorgegeben.

Eigenverantwortlichkeit und Eigenständigkeit waren ein fester Bestandteil des Camps.

Nach dem Campaufbau konnten die Teilnehmenden auf Wunsch eine hergestellte Seilbrücke von ca. 25 m über den Fluss überqueren, wobei sie, auf einer Slackline balancierend, sich mittels Klettergurt und Selbstsicherung entlang eines Sicherungsseiles sichern und so den Grad ihrer Herausforderung selbst bestimmen konnten. Dabei konnten die Teilnehmenden Selbsterfahrungen machen und eigene Grenzen entdecken: Wie weit gehe ich, möchte ich wippen, mich zur Seite lehnen etc.?

Am Abend konnte ein Teil der Teilnehmenden lernen, Feuer ohne Feuerzeug aber mit Naturmaterialien zu entfachen. Der andere Teil bereitete gemeinsam über dem Feuer eine Mahlzeit für alle zu, wobei auf Eigeninitiative zweier Teilnehmenden ein Teil der gesammelten Äpfel und Mirabellen zu einem Nachtisch verarbeitet wurde.

Der Abend wurde durch einen Notfall unterbrochen. Ein Teilnehmer erlitt eine allergische Reaktion und musste durch die Eltern leider abgeholt werden. Dieses Ereignis ernüchterte alle Teilnehmenden. In einer gemeinsamen Abendrunde wurde Raum für einen Austausch darüber geschaffen. Wünsche für den nächsten Tag, entsprechend den Möglichkeiten (Bootfahren, Klettern, Waldgänge, etc.), kamen ebenfalls zur Sprache. Dadurch konnten die Teilnehmenden das Programm mitgestalten.

Die Morgen- und Abendrunden im Camp in der Jurte dienten außerdem dazu, einen Überblick über das Befinden und die Wünsche der Teilnehmenden zu erlangen sowie einen Raum für Austausch und Selbstorganisation zu geben: Wie habt ihr geschlafen? Was brauchst du für die zweite Nacht? Wie wollt ihr den nächsten Tag gemeinsam gestalten?

Zur besseren Kommunikation wurde den Teilnehmenden den Gebrauch eines Redegegenstandes mit entspr. Regeln vorgestellt, welchen sie aufgriffen und in den Runden zunehmend eigenständig nutzten.

Am zweiten Tag wurde der Wunsch der Teilnehmenden nach einer gemeinsamen Bootstour auf dem angrenzenden See umgesetzt. Wie auch anhand des Campaufbaus und der Mahlzeiten wurde den Teilnehmenden die Phasen eines solchen Unternehmens mit Vorbereitungs-, Durchführungs-, und Nachbereitungsphase vorgestellt. Der Erfahrung nach war die Transparenz des Ablaufs notwendig, um einen Lernerfolg von einer hauptsächlich konsumierenden und uneigenständigen Haltung der Teilnehmenden, hin zu einer selbstständigen und eigenverantwortlichen Haltung, zu fördern.

Ein gemeinsames Camp, Essen und Boot fahren begünstigen diese Lernschritte, da in solchen Situationen ein gemeinschaftliches, verantwortungsvolles Handeln aller Phasen existentiell ist: ohne die „Nachbereitung“ des Essens (Abwasch) gibt es am nächsten Tag kein Frühstück, ohne das Tragen, Säubern und Aufbocken der Boote ist eine weitere Fahrt nicht möglich etc.

Dieses Dabeibleiben bis zum Schluss fiel vielen Teilnehmenden anfangs sehr schwer, gelang ihnen aber zunehmend besser, so dass am dritten Tag alle wesentlich bereitwilliger im Team ihr Zelte abbauten, die Räume reinigten etc., als dies noch am ersten Tag der Fall gewesen war.

Der Tag auf dem Wasser war für alle ein Highlight im Camp. Die Teilnehmenden lernten, den Ein- und Ausstieg, Ablegen und Anlanden, Paddeltechniken und das Steuern eines Kanadiers. Mittels wechselnder Bootsbesetzung kamen viele neue Kleingruppenkonstellationen zustande. Bei Pausen am Ufer übten sich einige der Teilnehmenden im Schwimmen, was einigen noch nicht geläufig war.

Der Tag war für alle anstrengend und sehr erfüllend gewesen. Er klang mit einer eigenständig am Feuer zubereiteten Mahlzeit (Chili sin Carne) und einem Lagerfeuer aus, welches von vielen Teilnehmenden zum Erproben von Schnitztechniken genutzt wurde.

Der dritte Tag war dem gemeinsamen Abbau des Camps sowie dem sauberen Hinterlassen der Räume gewidmet, wobei für die Teilnehmenden noch die Option bestand, freie Zeit für eine Waldexkursion zu nutzen, um Kräuter und Pilze kennen zu lernen. Aufgrund von Malereien an Zelten und Wänden durch eine Teilnehmende nahm die Reinigung der Räume und Zelte wesentlich mehr Zeit in Anspruch als gewünscht. Die Gruppe bewältigte diese Herausforderung gemeinsam, sie trug das Verhalten Einzelner und zeigte vorwiegend Toleranz und Bereitschaft, dafür mit aufzukommen. Wir thematisierten dies in der Abschlussrunde, in welcher mittels einer Reflexionsmethode das Camp ausgewertet wurde.

Es war für alle ein sehr lehrreiches, herausforderndes und erfüllendes Camp.

 

Einige Einblicke aus unserem 3-tägigen Camp:

 

in Kooperation mit Snaketeam e. V.

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